00 kBrigitte und Albert Hoffmann präsentieren zur 900-Jahrfeier von Burgbrohl im Jahr 2012 ihr Jubiläumsbrot. Foto: Markus DollAlbert und Brigitte Hoffmann, Bäcker in der vierten Generation, genießen den Ruhestand

Nun ist es schon ein dreiviertel Jahr her, dass die Bäckerei Hoffmann in der Brohltalstraße 96 zum letzten Mal ihre Pforten öffnete. Es war an Silvester 2017, als Albert und Brigitte Hoffmann das Licht der letzten Burgbrohler Handwerksbäckerei ausknipsten, womit eine 121jahrige Tradition zu Ende ging. 1896 war das Haus gebaut und die Bäckerei von Familie Ulrich, Verwandte der Familie Hoffmann, eröffnet worden. Nach nur 21 Jahren fand das Leben des Ehepaars ein tragisches Ende, als die von amerikanischen Soldaten im Zuge des Ersten Weltkriegs in den Jahren 1917/18 eingeschleppte sogenannte „Spanische Grippe“, die weithin vergessene Pandemie, auch in Burgbrohl ihre Opfer suchte. Viele Bürger starben, darunter auch das Bäckerehepaar Ulrich.

Peter Zens, ein Verwandter der Familie Ulrich, übernahm die Bäckerei im Jahr 1919, die er mit seiner Frau Katharina, einer geborenen Schmitt aus Weiler, bis Ende der 40er Jahre betrieb. Das Ehepaar Zens war es auch, so erinnerte sich Hedi Habermann, das in der Zeit des Nationalsozialismus jüdische Bürger mit Brot versorgte (Hedi Habermann, Audiodokument vom 7. November 2002). Wäre diese Hilfe verraten worden, hätte das für die beiden Konzentrationslager und Tod bedeutet. 1950 verstarb Peter Zens plötzlich im Alter von nur 57 Jahren, Katharina Zens im Jahr 1952.

01 kGroßeltern von Albert Hoffmann mit ihren drei Kindern: (von links) Käthe, Anneliese (Mutter von Albert) und Thea vor ihrer Bäckerei.Clemens Hoffmann aus Kottenheim, der Vater von Albert Hoffmann, war 1948 aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt und hatte in Mayen wieder als Bäcker angefangen. Von seinem Chef erfuhr er, dass eine Bäckerei in Burgbrohl dringend einen Meister suchte. Die Liebe hielt ihn in Burgbrohl fest. Clemens Hoffmann heiratete Bäckerstochter Anneliese Zens, mit der er die Bäckerei über drei Jahrzehnte führen sollte. Viele Burgbrohler erinnern sich an ihre liebenswürdige Art, wenn Anneliese Hoffmann auch nach dem Tod ihres Mannes hinter der Ladentheke stand. Die Bäckerei Hoffmann war in Burgbrohl neben der Bäckerei Frings und der Bäckerei Müller eine von drei Handwerksbäckereien, die sich durch Vielfalt, Kreativität und Individualität auszeichneten. Zu dieser Zeit gab es im Dorf 28 Geschäfte und fast alles vom Hut bis zu den Schuhen zu kaufen. Einkaufsfahrten nach Andernach, Mayen, Koblenz oder Bonn waren da eher die Ausnahme.

04 kSpaß muss sein! Clemens Hoffmann zeigt seinem Sohn, wie er die Lehre erlebt hat. Da gab es beim Backen nicht nur was auf die Backen, sondern auch an den Ohren.Als Vater Clemens den Betrieb aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr alleine führen konnte, musste Sohn Albert, der zu dieser Zeit noch die Volksschule besuchte, tatkräftig mitanpacken. Noch heute ist Albert Hoffmann Lehrer Johann Bous dankbar, dass er das Unmögliche möglich gemacht hat. So durfte der 13jährige Schüler gleichzeitig in der Bäckerei seines Vaters arbeiten. Im Zweifelsfalle war der Junge entschuldigt, wenn Albert dringend in der Backstube gebraucht wurde. Und aus dem Gesellen wurde ein Meister.

Immer mehr Aufgaben wuchsen Sohn Albert mit den Jahren zu, bis er 1980 das Geschäft von seinem Vater übernahm, der 1992 im Alter von 71 Jahren verstarb, seine Mutter im Jahr 2016. 1975 lernte Albert Hoffmann seine zukünftige Frau Brigitte Heuft aus Glees kennen, die beim gegenüberliegenden Frisör Frings ausgebildet wurde. Ihre beiden Kinder sind Sohn Michael und Tochter Andrea. Es war Brigitte Hoffmann, die seit 1980 hinter der Theke stand und gemeinsam mit ihrem Mann das Geschäft führte.

06 kAlbert Hoffmann Ende der 90er Jahre in seiner Backstube.Das Bäckerhandwerk, so Albert Hoffmann, veränderte sich mit den Jahren. In den 60er Jahren waren es die Klassiker Feinbrot, Graubrot, Vollkornbrot, Schwarzbrot, Eifler, Weißbrot und natürlich normale Weizenbrötchen, bei den Kuchen vor allem Buttercreme, Bienenstich, Sahne-Nuss und Käsekuchen, bei den Teilchen Apfeltaschen, Puddingteilchen und Windbeutel. Im Sommer wünschten sich die Kunden Eistorten, im Advent Makronen, Spekulatius, Plätzchen und Christstollen. „Als ich 1968 anfing, gab es noch keine Körnerbrötchen. Die kamen ab den 80er Jahren, ebenso Körnerbrote. Die Vielfalt wurde einfach mehr.“ Und damit gab es dann auch mehr Stress, der sich nicht mehr nur aufs Wochenende konzentrierte. In der Backstube konnte ab 1997 mit Kältetechnik gearbeitet werden, was die Mehrarbeit ein wenig kompensierte. Teiglinge konnten über Tag hergestellt und bis zum nächsten Morgen gelagert werden. Ebenso brachten der Gärvollautomat und der neue Ofen ab dem Jahr 2001 Erleichterung.

Es war die große Liebe zum Bäckerhandwerk, die Albert und Brigitte Hoffmann auszeichnete. Ihre beiden Kinder wählten andere berufliche Wege, so dass das Ehepaar vor der Entscheidung stand: Arbeiten wir so lange weiter bis nichts mehr geht, oder lassen wir rechtzeitig den Ofen ausgehen. Für Albert und Brigitte, die mit Leib und Seele in der Backstube und im Geschäft tätig waren, keine leichte Entscheidung.

Am Silvestertag 2017 schließlich ging eine 121 jährige Tradition zu Ende. Bürgermeister Walter Schneider und Beigeordnete Simone Schneider überbrachten die besten Wünsche der Ortsgemeinde, viele Burgbrohler Bürgerinnen und Bürger bedankten sich in Worten, mit Blumen, Geschenken und sogar mit einem kleinen Chor, der zum Abschied einen auf Albert und Brigitte Hoffmann umgedichteten Freddy-Quinn-Klassiker sang. Ja, „schön war die Zeit“. Und die Burgbrohler vermissen ihren letzten Handwerksbäcker! Albert und Brigitte Hoffmann aber freuen sich über den Ruhestand und genießen es, nicht mehr mitten in der Nacht aufstehen und auch am Sonntag arbeiten zu müssen. Schließlich brauchen Opa und Oma viel Zeit für ihren Enkel.

Text: Eberhard Thomas Müller

01 mGroßeltern von Albert Hoffmann mit ihren drei Kindern: (von links) Käthe, Anneliese (Mutter von Albert) und Thea vor ihrer Bäckerei.

02 mAnneliese und Clemens Hoffmann vor ihrer Bäckerei in den 60er Jahren. Clemens Hoffman steht vor dem Textilgeschäft Netz, später Elfriede Schäfer.

03 mAnneliese und Clemens Hoffmann vor ihrer Bäckerei in den 60er Jahren.

04 mSpaß muss sein! Clemens Hoffmann zeigt seinem Sohn, wie er die Lehre erlebt hat. Da gab es beim Backen nicht nur was auf die Backen, sondern auch an den Ohren.

05 mAlbert Hoffmann 1968 in der Lehre bei seinem Vater.

06 mAlbert Hoffmann Ende der 90er Jahre in seiner Backstube.

07 mAlbert Hoffmann Ende der 90er Jahre in seiner Backstube.

08 m2Albert Hoffmann Ende der 90er Jahre in seiner Backstube.

00 mBrigitte und Albert Hoffmann präsentieren zur 900-Jahrfeier von Burgbrohl im Jahr 2012 ihr Jubiläumsbrot. Foto: Markus Doll